Olga Beschenkovskaja
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ZUM SELBSTPORTPAIT

ich bin eine frau
das weiß ich genau
( aus meinem ausweis
weiß ich alles, was ich weiß...)

Also ich bin eine Lyrikerin.
Die Abenteuer meines Herzens beschreibe ich aber nicht.
Ich überlasse diese langweilige und ungesunde Beschäftigung der sogenannten weiblichen Literatur.
Liebe ist keine Poesie.
Die Poesie ist meine einzige Liebe.
Ein freches Verb und ein ängstliches Substantiv, die sich fest umarmen,
scheinen mir mehr realistisch zu sein, als viele von meinen zudringlichen Mitmenschen.
Die große Poesie ist das große Abenteuer der Wörter.
Ein Gedicht ist eine geistige Tat
und sein Autor trägt endlose Verantwortung dafür.
Aus diesem Grunde und in diesem Sinne
bin ich - trotz meines geschwätzigen Geschlechts -
schweigsam, was bedeutet, sparsam, arm an Ausrufezeichen und reich an Fantasie,
einsam wie ein Adler und grausam wie ein Berufspathologe.
Verzeihen Sie mir bitte diese unhöfliche Offenbarung,
die vielleicht nicht wissenschaftlich genug aussieht.
Ein Selbstportrait genauso wie ein Selbstnachruf: es fällt mir schwer...
( Ich stelle mir vor: Meine philosophischen Betrachtungen
betrachten mein blasses Gesicht, das im Halbschlaf im frischen Sarg den Himmel beobachtet, und werfen eine ironische Sentenz dahin - wie das letzte Blümchen von dieser Erde...)
So ist das Ende?..
Was für ein Ende...
Ich kann mich doch auch als eine ernste Fachfrau entpuppen lassen...
Das Wichtigste - schrieb ich in einem Vorwort - ist, meiner Meinung nach, das Verhältnis des Dichters zum Wort. Das Wort ist kein Mittel, um Gedanken auszudrücken. Es ist selbst ein Gedanke, es ist eine Schicht innerhalb der Geschichte, es ist Ethik und Ästhetik in einem.
Es verzaubert sowohl durch sein morphologisches Spektrum als auch durch seine phonetische Suggestion. Das Wort ist leichter als Luft und schwerer als Stein.
Die Maßeinheit der Poesie ist für mich die Leuchtkraft des Worts im Sinnzusammenhang.
Im Sinnzusammenklang...

Und wenn ich meine deutschen Gedichte koche ( mit Salz der Gedanken und mit herbstlichem Senf der Gefühle), versuche ich, darauf stehen zu bleiben.
Es ist nicht so einfach. Es ist zu wenig, wenn ein Dichter eine Sprache beherrscht.
Die Sprache soll den Dichter beherrschen...

Ich bin in Deutschland ein Kind, ein Sprachsäugling....
Und ich spiele bereits, als ob ich ein Kind bleibe...
Das gehört auch zu meiner literarischen Handschrift:
ich vertraue mich der Sprache an, in die ich mit den zugeknieffenen Augen springe,
in der ich lachend schwimme und den Schaum mit hilfslosem Husten auf einmal schlucke,
- meine Damen und Herren, sind Sie mit mir schon zufrieden ?..
Und ich tauche mit meinem Sarkasmus aus der Tiefe auf...

Es tut mir aber sehr leid und weh, das meine deutsche Lyrik noch viel weniger Farbabstufungen des Wortes zum Klingeln bringt, als meine russische Poesie...
Die zeitgenössische Poesie finde ich aber so krank und schwach,
daß ihr mein einfaches und starkes Mittel - meine poetische Kraft - auch beihilfig sein könnte, sich vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen...

Das war ein Versuch zum Selbstbildnis.
Dazu soll ich vielleicht ehrlich sagen:
Ich mag mich nicht gerne, da ich mich sehr gut kenne...

Eine bittere Erkentnisse schmeckt mir aber gut und gefällt mehr, als süße Küchen bürgerlicher Plattheit...
Ich schreibe noch - also ich lebe noch...Was noch..?